„Die Gedanken sind frei“
Ein typisch bürgerliches Kriterium für gesellschaftlich akzeptierte Kultur ist Authentizität. Niemand von uns im AutorenVerlag weiß jedoch, worauf sich das genutzte Wort ‚Authentizität‘ beziehen könnte, vom Wort ‚Kultur‘ mal zu schweigen. Aber wir vermuten, von der Relevanz im Kontext der Altertumswissenschaften abgesehen, dass es im Zusammenhang mit der ehemaligen industriellen Revolution stehen könnte, die mit der Erfindung der Dampfmaschine begann. Vielleicht erinnert sich der eine oder andere noch an Dampflokomotiven, die unbändigen Geräusche, das Stampfen und das drängende „Schschsch“ …
Sobald gesellschaftlich unklar ist, worauf sich ein Wort bezieht, darf interpretiert und gestritten werden. Leider ist diese Methode durchaus üblich, mehr als soziale Machtkämpfe bringt sie aber nicht ein. Eine vorgegebene Echtheit ist künstlerisch überhaupt nicht von Belang.
Unsere Ansprüche im AutorenVerlag sind völlig andere, sie lassen sich mit dem Wort ‚Autonomie‘ zusammenfassen, eine Autonomie, die jedoch in ihren Resultaten sachlich plausibel zu sein hätte, also angemessen. Konkret folgt aus dieser Vorgabe, dass Autorinnen und Autoren gleichsam Belletristik als auch Philosophie neu zu erfinden haben. Ein Abarbeiten an Vergangenem schließt dies nicht aus. Aber es sollte erkennbar etwas Neues entstehen, das sich nicht einmal zur industriell-abstrakten Nachahmung bzw. Reproduktion eignet, eine künstlerische beziehungsweise philosophische Singularität.
Dieser Anspruch war und ist für bürgerliche Gesellschaften zu hoch; es muss doch, so ist immer wieder aus Unkenntnis zu hören, allgemein akzeptierte Regeln geben, auch für Künste und Philosophie.
Doch Künste und Philosophie lassen sich nicht wie Verhaltungen oder Handlungen behandeln, denen sozial Grenzen zu setzen sind, damit ein Zusammenleben funktioniert. „Die Gedanken sind frei“, lautet ein alter, allgemein bekannter Liedtext, doch leider ist er viel zu selten verstanden worden.
Falls es jedoch gesellschaftliche Probleme mit autonomen künstlerischen oder philosophischen Produkten geben sollte, weil sie etwas Befürworten, das zum Beispiel gegen die deutsche Verfassung verstoßen könnte, wäre im Einzelfall zu prüfen. Die Hürde, etwas Autonomes produzieren zu müssen, ist bereits intellektuell fordernd. Ohne Abgrenzungen wäre dies nicht zu vollführen. Aber eine verbreitete Hetze gegen Minderheiten könnte nicht dazugehören; sie wäre nicht autonom, sie ist nicht nur aktuell, sondern auch rückblickend ein Massenphänomen.