100 erfolgreiche Tage für die Linke in NRW?
100 Tage Landtagserfahrung hat die Linksfraktion in NRW jetzt hinter sich gebracht. Sie wollte Politik für die Menschen machen, besonders für die vielen Erwerbslosen, die Rentnerinnen und Rentner, die Studierenden und finanziell schwächer gestellten Familien. Ihre selbsterklärten Ziele hat sie bisher nicht erreichen können.
11 Abgeordnete stellt die Düsseldorfer Links-Fraktion. Ausser einem, Rüdiger Sagel, sind sie alle Neulinge im parlamentarischen Geschäft. Die Latte zur Beurteilung der handelnden Personen darf daher nicht zu hoch angelegt werden. Aber selbst bei gewogener Beurteilung muss festgestellt werden, das bisher wenig für die politische Zielgruppe der NRW-Linken dabei herauskam. Der eigene Jubel über den Einzug ins Landesparlament wurde bereits wenige Wochen später getrübt durch die äusserst unglückliche Rolle, die diese neue Fraktion spielte bei den Sondierungsgesprächen mit SPD und Grünen. Die Debatte über den Unrechtsstaat DDR war den Linken seinerzeit so wichtig, dass sie damit alles andere überlagerte. Spätestens da wurde vielen bewusst, wen sie da in den Landtag gewählt hatten. Eine Bärbel Beuermann, Fraktionschefin, die keinen Unterschied zwischen Verfassungsschutz und Stasi sieht („Ist der Verfassungsschutz legal?„) oder eine Gunhild Böth (Vize-Parl.-Präsidentin), die die DDR „in toto“ eigentlich gar nicht so schlecht fand, sind nur zwei Beispiele.
Ob die DDR nun toll war oder nicht, hat die wenigsten Linke-Wähler in NRW interessiert. Diese Aussagen waren mehr in die kommunistische Ecke der eigenen Partei gerichtet. Denn dass die NRW-Linke über beste Beziehungen zur DKP und der MLPD und anderen sektiererischen Politzirkeln verfügt, ist bekannt. Im übrigen zwei Parteien, die weit unterhalb der 5%-Marke dümpeln. Aber dennoch für viele verantwortliche Linke in NRW scheinbar so wichtig sind das mögliche Koalitionen daran scheitern.
Politisch hat diese Fraktion, ausser vieler Pressemeldungen und Absichtserklärungen, nicht viel erreicht oder gar bewirken können. Neben dem für die Linkspartei üblichen, teilweise peinlichen, Aktionismus (zur ersten Sitzung des Landtages trugen alle 11 Mandatsträger gelbe T-Shirts mit Aufschrift) fielen sie politisch kaum auf. Dafür umso mehr, wenn es um Parteiinternen Streit, wie etwa um die Luxus-Debatte des Bundesvorsitzenden Ernst, ging oder auch durch ihre großen Aktivitäten gegen innerparteiliche KritikerInnen in Form von endlosen Parteischiedsverfahren. Auch ihr Umgang mit der Presse ist alles andere als professionell. Die Linke NRW, die sich einer Übermacht der „bürgerlichen-neoliberalen Presse“ gegenübersieht, hat den Zugang zu den Medien offenbar immer noch nicht gefunden. Mittlerweile finden auch der Linkspartei freundlich gewogene Medien deutliche Worte der Kritik, wie der Artikel in der heutigen Ausgabe des Onlinemagazins scharf-links.de belegt.
Derzeit werden sie abermals in einem fragwürdigen Licht wahrgenommen. Der Linksverband NRW solidarisiert sich mit dem umstrittenen Aufruf zum „Castor schottern“. Mittlerweile gibt es Ermittlungsverfahren gegen einige Spitzenlinke aus NRW, welche von der Landespartei entsprechend verurteilt werden, wie auf der Website der Partei nachzulesen ist.
Unerklärlich für viele Beobachter ist es auch, das Bärbel Beuermann an diesem Wochenende wieder in die Türkei fliegt (zum zweiten Mal in ihrer Zeit als MdL) um dort Gesinnungsgenossen beizustehen. Dies mag löblich erscheinen. Aber angesichts der vor Ort herrschenden Probleme, für die sich die Linke einstmals stark gemacht hat, sind ihre Ausflüge kaum zu erklären. Zumal auch sie eine der vielen ist innerhalb des NRW-Verbandes, die in ihrem eigenen Heimatverband (Herne) vor massiven Problemen und einer in sich zerstrittenen und gespaltenen Stadtratsfraktion steht. Ihrer Doppelrolle als Stadträtin in Herne und als MdL wird sie so nicht gerecht. Und dabei liegen doch gerade die für die Linken typischen Probleme geradezu auf der Strasse: Hartz-4-Debatte und Integrationspolitik sind hierfür Beispiele.
Obwohl Fraktionschef Wolfgang Zimmermann gerade tönt, das er und seine Fraktion aus einer Position der Stärke heraus agieren können, sitzt ihm und seinen Kollegen die Angst vor möglichen Neuwahlen im Nacken. Denn das könnte eintreten, wenn Rot-Grün keine Mehrheit für ihren Nachtragshaushalt erreichen. Und derzeit sieht es für die beiden Koalitionsparteien SPD und GRÜNE günstiger aus, als vor den Wahlen im Mai. Die Grünen schwingen gerade umfragemäßig in neue Höhen und Hannelore Kraft hat als Ministerpräsidentin einen guten Start hingelegt und gewinnt weiterhin an Popularität. Eine deutliche Rot-grüne Mehrheit wäre aktuell sehr wahrscheinlich. Zumal die Schwäche der FDP und der CDU Hannelore Kraft und Sylvia Löhrmann in die Hände spielen. Und dann wäre eine Linke in NRW bedeutungslos geworden.
5,6% erreichte Wählerstimmen, die die Linke bei den letzten NRW-Wahlen erhalten hat, sind nun mal kein komfortables Ruhekissen. Sehr schnell könnte der Traum von aktiver Mitarbeit in der Landespolitik auch wieder ausgeträumt sein für alle 11 Mitglieder der Linksfraktion. Schon geistern auch wieder Übertrittsgerüchte von linken MdL’s durch die Presse. Ein SPD-Vertreter verwies beispielsweise darauf, „wenn zwei Linke nicht zur Abstimmung über den Nachtragshaushalt erscheinen, wäre alles ok“. Oder auch anders gedeutet: wenn zwei Mitglieder der Linken für den Haushalt stimmen, wäre die Angelegenheit durch. Vermutlich dann auch ihre Mitgliedschaft bei der Linkspartei. Unter Betrachtung der inneren Zustände der NRW-Linken sicher nicht völlig ausgeschlossen. Denn innerhalb der Links-Fraktion gibt es den einen oder anderen gemäßigten Abgeordneten, der sein persönliches politisches Heil auch bei SPD oder Grünen sehen könnte. Sicher alles Spekulationen, aber erstaunlicherweise von langer Haltbarkeit.
Es wird also entscheidend sein, wie sich die Linkspartei im Zuge der Verhandlungen um den Nachtragshaushalt inhaltlich, auch personell, positioniert. Eigentlich, ja was ist eigentlich bei den Linken?, dürfte sie der Haushaltsvorlage der Regierungskoalition in Düsseldorf nicht zustimmen können, hielte sie sich an ihre eigenen gemachten Aussagen. Das die Linke aber gerade in NRW sehr flexibel sein kann, wenn es um den Machterhalt geht, hat sie bisweilen in diversen Abstimmungen auf kommunaler Ebene belegt. Gäbe es allerdings Neuwahlen und alle 11 Abgeordneten der Linken müssten wieder in die private Bedeutungslosigkeit versinken, wäre dies auch für die Gesamtpartei, insbesondere im Westen der Republik, der Beginn vom Ende der einstmals so groß propagierten Linken Ära. Oskar Lafontaines Rückzug aus der aktiven Politik wird vermutlich auch seiner politischen Weitsicht geschuldet gewesen sein. Seine GenossenInnen im Westen haben sein Signal nicht verstanden. Und noch weniger die aktuelle Kritik des Gregor Gysi am Zustand der Partei.