Jägerstraße – Tempolimit als Konsequenz aus dem tödlichen Unfall?
Cansus Tod hat die Menschen aufgewühlt. Die Menschen in Bergheim, in Rheinhausen und darüber hinaus. "Hier muss etwas geschehen“, ist die einhellige Meinung. Nur was? Was tun?
Cansu wurde letzten Mittwoch auf der Jägerstraße in Rheinhausen von einem 81 Jahre alten Autofahrer überfahren und war im Grunde genommen sofort tot. Inzwischen ist, wie die NRZ-Stadtteilredaktion meldet, auf Initiative von Reiner Hendrix eine Unterschriftensammlung angelaufen. 1700 Unterschriften seien bereits zusammengekommen. Diesen Donnerstag will Hendrix die Unterschriften den Bezirkspolitikern übergeben. Ingo Blazejewski berichtet darüber auf „der Westen“:
„Wir sammeln die Unterschriften, damit sich hier an den Verkehrsverhältnissen
etwas ändert“, sagt Reiner Hendrix. „Wir fordern, dass dieser Bereich
zur Tempo-30-Zone wird.“ Denn immer wieder würden Autos zu schnell
oder auch bei Rot über die Ampel fahren.
Ich bin prinzipiell für eine Entschleunigung des Autoverkehrs. Dennoch werde ich hier nicht unterschreiben, und zwar aus folgenden Gründen:
- Die Jägerstraße ist eine Durchgangsstraße. Wenn eine solche Hauptverkehrsstraße zur Tempo-30-Zone erklärt würde, käme es unverzüglich zu einem Bedeutungsverlust der Tempo-30-Zonen in den umliegenden Wohngebieten. Wenn überall der Verkehr beruhigt werden soll, beruhigt er sich am Ende nirgends.
- Jüngste Messungen der Stadt Duisburg haben ergeben, dass die Autos an der Unfallstelle eben nicht mit überhöhter Geschwindigkeit fahren, sondern dass einen Mittwoch zuvor „von 359 Fahrzeugen, die zwischen 8.20 und 9.20 Uhr den Messwagen passierten, gerade einmal zwei zu schnell“ waren.
- Diese Messungen fanden statt, weil direkte Anwohner bereits fünf Wochen vor dem tragischen Unfall mit Cansu 50 Unterschriften mit der Forderung nach Einrichtung von Tempo 30 gesammelt hatten. Dieser Umstand verleiht der neuen Unterschriftensammlung den ein wenig unangenehmen Beigeschmack, Cansus Tod werde für sachfremde eigene Absichten instrumentalisiert.Es ist nicht davon auszugehen, dass der 81 Jahre alte Autofahrer aus der Buschstraße kommend mit überhöhter Geschwindigkeit in die Jägerstraße abgebogen wäre. Niemand behauptet dies; es wäre auch offensichtlich absurd. Deshalb verfehlt die Forderung nach einem niedrigeren Tempo das Thema.
- Alles spricht dafür, dass sich der Unfallfahrer vor seinem verheerenden Abbiegemanöver vollständig auf etwaig auf der Jägerstraße von links (unten) oder rechts (oben) kommende Autos konzentriert hat und dabei der Fußgängerampel links neben ihm keinerlei Beachtung geschenkt hat.
Damit sind wir, ob man will oder nicht, beim Thema „Senioren am Steuer“. Gewiss: ein jüngeres Alter allein bietet noch nicht die Gewähr dafür, dass so ein grober Fahrfehler nicht passiert. Da hier jedoch der Unfallfahrer 81 Jahre alt ist, ist es einfach vermessen zu behaupten – wie in einem Kommentar unter dem zitierten Artikel geschehen -, hier bestünde keinerlei Zusammenhang. Der Zusammenhang ist offensichtlich; die Behauptung – vorsichtig ausgedrückt – schnodderig.
Freilich: die Forderung nach regelmäßigen Verkehrstauglichkeitstest für ältere Führerscheininhaber gehört in die Bundespolitik. So berechtigt und so drängend sie wäre, ein Erfolg ist hier – wie an anderer Stelle dargelegt – so schnell nicht zu erwarten.
Auch was die Verkehrssituation am Ort betrifft, erscheinen mir andere Vorschläge hilfreicher zu sein als eine Tempo-30-Zone: so werden bspw. gelbe Blinklichter an bzw. im Vorfeld der Bedarfsampel angeregt. Und es wird darauf hingewiesen, dass die jetzige Verkehrsführung das Abbiegen von der Busch- in die Jägerstraße nicht optimal gestaltet. Und vielleicht gibt es auch noch mehr Ideen.
Mit der m.E. sachfremden und unrealistischen Forderung nach einer Tempo-30-Zone ist niemandem geholfen. Und selbst wenn – was ich ausschließe – dort ein Verkehrsschild ein Limit von 30 km/h anmahnte: glaubt irgendjemand, dass dies zu irgendeiner realen Veränderung führen könnte?! Also: was soll´s?