Haushaltssanierung Duisburgs oder wie schreibt man ein Wahlprogramm? (Teil 1: Arbeitslosigkeit)
Neuananfang Duisburg hat mich als Kandidat für die Duisburger OB Wahl aufgestellt und so galt es, ein Wahlprogramm aufzustellen, das auf meiner Seite richardwittsiepe.de veröffentlicht ist. Zumindest glauben wir man brauche sowas, stellen aber überrascht fest dass die etablierten Parteien darauf verzichten. Entstanden sind wesentliche Punkte nach Durchsicht der ersten Entwürfe des Sparparkets. Als Finanzfachmann hat man auf solche Zahlenkolonnen einen anderen Blick als der Laie. Man kann „Sanierung“ von Finanzen tatsächlich erlernen und sogar erfolgreich Fernsehsendungen gestalten, hier geht es aber um „Aufklärungsarbeit“. In den ersten Podiumsdiskussionen zur OB Wahl, in den Fragen des Publikums und auch in der Presse geht da einiges drunter und drüber und so ist die Idee zu dieser kleinen Serie entstanden. Zwar nicht Fernsehen aber immerhin. Mit möglichst einfachen Worten soll erklärt werden, wo denn die Ansatzpunkte für eine Sanierung der Finanzen zu sehen sind, was in dem derzeitigen Konzept fehlt und warum es fehlt. Manche mögen dahinter verdeckte Wahlwerbung vermuten. Das ist falsch, es ist offene Wahlwerbung, aber Ideen zu diesem Thema müssen gerade jetzt verbreitet werden.
Vier Teile sind geplant. Wir beginnen mit der der grössten Position der Ausgabenseite und beschäftigen uns mit der stagnierenden Arbeitslosigkeit, danach folgt ein Blick auf die Stadtgesellschaften und deren Organisation und Finanzen, ein weiterer Teil geht auf den Kulturetat und die freie Szene und das Sparkonzept für diesen Bereich ein und zum Abschluss erfolgt der Blick auf das gesamte Sanierungskonzept, so wie es derzeit vorliegt. Es werden jeweils die wichtigsten Punkte zusammenfassend erläutert.
Fangen wir also an: Etwa 60% der Steuereinnahmen der Stadt werden für Hartz IV Leistungen verwendet. Es ist die größte Ausgabenposition und es ist deshalb völlig logisch, dass diese zwingend an erster Stelle stehen muss. Der DGB hatte auf seiner Veranstaltung die richtige Frage gestellt, warum ausserhalb von Duisburg die Arbeitslosigkeit sinkt und was hier in Duisburg nicht funktioniert.
Die Basisdaten sind bekannt: Etwa 5.000 Arbeitslose gehören der Altersgruppe von 20-29 Jahren an, etwa 15.000 sind zwischen 30 und 49 Jahre alt. Darunter befinden sich viele Personen ohne abgeschlossene Schul- und Berufsausbildung. Diese werden durch die bestehenden Gesetze in Niedriglohnarbeitsverhältnisse gedrängt, weil sie jede Arbeit annehmen müssen. Dadurch entsteht ein Teufelskreis ohne Entrinnen. Das System produziert Dauerarbeitslosigkeit, Billiglohn und damit latent hohe Ausgaben. Erschwerend kommt in Duisburg hinzu, dass Gesellschaften, die sich um solche Probleme kümmern sollen, wie etwa die Gesellschaft für Beschäftigungsförderung mit ihrer angeschlossenen Jugendwerkstatt, selbst vor der Pleite stehen. Auf die Strukturen der Stadtgesellschaften gehen wir noch gesondert ein, man sieht an diesem Beispiel aber deutlich dass die Auswirkungen mangelhafter Strukturen fatal sind.
Eine solche Ausgangslage kann erfolgreich mit einem Coaching-System angegangen werden. Die Infrastruktur ist vorhanden, es gibt gerade in den Problemstadtteilen genügend Büros städtischer Institutionen. Die Coaches können aus der Reorganisation der Stadtgesellschaften und auch aus freiwilligen Beratern, etwa pensionierte erfahrene Duisburger, gewonnen werden. Sie müssen das leisten was Arbeitsagenturen und Schulen heute nicht mehr können, nämlich die betroffenen Personen wieder an den Arbeitsmarkt heranführen. Die Lücken in den Lebensläufen, die bei jeder Bewerbung zur Ablehnung führen, müssen aufgearbeitet und das geht nur mit Hilfe eines sehr klein gegliederten Ansatzes. Die Chancen für einen Erfolg stehen nicht schlecht, gibt es doch Engpässe bereits bei der Besetzung von Lehrstellen und zeichnet sich ein Facharbeitermangel ab.
Daran schliesst sich die Frage an, woher die Arbeitsplätze kommen sollen. Dazu muss man wissen, dass 78% der sozialversicherungspflichtigen Arbeitspläte in Deutschland aus dem Mittelstand kommen und wir in Duisburg ca. 15.000 Unternehmen bis zu 9 Beschäftigte haben. Was in Duisburg aber nicht funktioniert, im Gegensatz zu Städten wie Düsseldorf, Krefeld oder Mönchengladbach, ist die „Pflege“ dieser mittelständischen Strukturen. Aufträge der Kommune oder kommunaler Unternehmen landen eher bei Firmen ausserhalb Duisburgs. Nicht etwa weil hier die Firmen zu schlecht wären, sondern aus nicht nachvollziehbaren Gründen. Ab und zu kommen krasse Fälle an die Öffentlichkeit, wie etwa die Vergabe von Aufrägen für die Beschilderung im City Palais zu völlig überteuerten Preisen nach Bielefeld, worüber die WAZ im April 2011 berichtete, zu Änderungen führt das aber nicht. Das wird von den hiesigen Unternehmen sehr wohl registriert und sie fragen sich zu Recht wieso die Stadt hier dem Vorbild Düsseldorf nicht folgt.
Man muss das Rad nicht neu erfinden: In Krefeld gibt es eine Inititative zwischen Wirtschaft und Politik gerade für Arbeitslose ohne Berufsausbildung oder Schulabschluss. Für diese Zielgruppe bieten die Unternehmen Praktika an, Talente werden erkannt und gefördert. Es bedarf einer Solidarität am Ort zwischen den Unternehmen und der Kommune, um den Arbeitslosen eine Chance zu eröffnen. Diese Solidarität wird man aber nicht fördern wenn man den Unternehmen vor den Kopf stösst.
Ebenfalls erforderlich ist eine professionelle Flächenplanung aber auch der Abschied von den so beliebten Leuchtturmprojekten. Aktuell in der Diskussion ist das FOC in Hamborn. Diese Ansiedlung wird die bestehenden Handelsstrukturen beschädigen. Man erkennt die ersten negativen Auswirkungen bereits bei den zähen Bemühungen, in der Innenstadt für die neue Königsgalerie Mieter zu finden. Das Beispiel Centro Oberhausen und dessen negative Auswirkungen auf die City Oberhausen belegen worum es geht: Ansiedlungen müssen zu den verhandenen Strukturen passen, ansonsten entsteht ein gegenteiliger Effekt.
Zu dem vorgestellten Konzept sehe ich keine Alternative, wenn Duisburg nicht auf dem letzten Platz der Arbeitslosenstatistik verharren möchte. Es ist keine leichte Aufgabe, aber man muss diesen Weg beschreiten. Der Erfolg wird sich einstellen weil die Rahmenbedingungen der Gesamtwirtschaft dafür sprechen. So erhält man die Chance, die Ausgaben im Haushalt nachhaltig zu reduzieren. Hinzu kommt, dass es gerade für solche Aktivitäten Fördermittel gibt. Wir erfahren aber immer wieder, dass in Duisburg solche Mittel nicht oder nur teilweise ausgeschöpft werden, was wiederum in den Strukturen begründet ist.
Weitere Informationen: www.richardwittsiepe.de