Die Oma und der böse Wulff
Gerade eben war ich oben bei meiner Schwiegermutter. Bei uns im Haus wird sie – nicht zuletzt auf eigenen Wunsch – „die Oma“ genannt. Es lag nichts Besonderes an, das Übliche: Pillen hochbringen, die Getränke. Die Oma bröselte in der Küche herum. Es ist so wichtig für sie, dass sie noch selbst kochen kann. Diese Augen-OP vor fünf Jahren – nun ja, es ist passiert. Die Oma ist nicht dement; doch es geht unverkennbar abwärts. Vieles bekommt sie einfach nicht mehr mit.
„Sag mal, warum ist denn der Wulff zurückgetreten?“,
fragte sie mich plötzlich. Immerhin: diese Meldung hatte sie gestern Nachmittag noch nicht auf dem Schirm. „Ach“, sage ich. „Der hatte die Hand aufgehalten. Und das nicht nur ein- oder zweimal. Sondern ziemlich oft. Blöde Sache natürlich.“ Pause. Etwas verzögert dann: „Ja, warum macht der denn sowas?!“ „Nun“, erklärte ich, „schwere Kindheit gehabt. Die Mutter schwer an MS erkrankt, die Kerle durchgebrannt; er hatte dann die Mutter gepflegt und die kleine Schwester großgezogen. Da fühlte er sich später etwas zu Luxus hingezogen.“
Den Wulff hatten die Oma und ich noch nie dazwischen. Das ist insofern komisch, als dass wir beide im Laufe der Zeit nicht nur Nachbarn, Verwandte und Bekannte, sondern auch so einige Politiker dazwischen hatten. Aber den Wulff noch nie. Dennoch kann – besser gesagt: konnte – niemals auch nur der geringste Zweifel daran bestehen, dass sie so einen Sunny Boy als Schwiegersohn tausendmal einem von meiner Sorte vorgezogen hätte. Doch, da fällt es mir wieder ein! So vor sieben, acht Jahren, als die Union die sog. K-Frage zu klären hatte, sprach sich die Oma für Wulff aus.
Denn „die Merkel“ mochte und mag sie auf Teufel komm raus nicht. Ich fand mich stets in der Rolle des Stefan Seibertvom Niederrhein wieder. Für Merkel zu sprechen, macht echt kaputt. Über den Seibert haben Oma und ich aber gewiss noch nie gesprochen; den dürfte sie wirklich nicht mehr mitbekommen haben. Der würde ihr bestimmt gefallen, wenn der nicht … – aber der Wulff. Oma schnitt Fleisch und brummelte vor sich hin. So ein netter Mann, und dann auch noch die kranke Mutter gepflegt! Dürfte sie sich gedacht haben, phantasiere ich. Doch dann kam der entschiedene Einwand.
„Aber trotzdem! Die müssen sich doch überlegen, dass das irgendwann mal rauskommt!“ Kansste mal sehen: die Oma!