Wir, die CDU. Was (Internet-)Recht ist, entscheiden wir!
Sehr schön ist es immer wieder, wenn man die CDU dabei beobachtet, wie sie mit der Realität umgeht.
Auf der einen Seite sind die Hardliner der CDU immer wieder bemüht, den „Rechtsfreien Raum Internet“ an den Pranger zu stellen – um dann im nächsten Moment gegen die Regeln selbst zu verstoßen.
Ein solches Beispiel war die MdL Ross-Luttmann und wurde die von der CDU beauftragte Firma Sharkenss Media Deutschland, die zahlreiche „Individualseiten“ für MdL und andere CDUler erstellt.
Frau Ross-Luttmann reagierte leider nicht auf Anfragen zu ihrer Website, insbesondere zu den erhobenen, gespeicherten und verwendeten Personendaten. Das nahm der Autor zum Anlass, den räumlich zuständigen Datenschutzbeauftragen Niedersachsen zu bitten, eine rechtliche Würdigung vorzunehmen. Dessen Urteil läßt sich am ehesten mit dem Begriff „Vernichtend“ umschreiben:
Sehr geehrter Herr (…),
vielen Dank für Ihre Nachricht vom 14. Oktober. (…)
In Ihrer Eingabe haben Sie angeführt, dass bei dem Kontaktformular gegen den Grundsatz der Datensparsamkeit verstoßen wird. Hier würden zwingend Daten erhoben die für eine Kontaktaufnahme über E-Mail nicht erforderlich sind. Dies kann ich so nur unterstützen. Tatsächlich dürfen für die Nutzung von Telemdien nach § 15 Abs. 1 Telemediengesetz (TMG) personenbezogene Daten eines Nutzers nur erhoben und verwenden werden, soweit dies erforderlich ist, um die Inanspruchnahme von Telemedien zu ermöglichen und
abzurechnen.Da eine Abrechnung hier nicht in Frage kommt, dürfen hier maximal die Daten, die für die Inanspruchnahme von Telemedien notwendig sind, erhoben werden (E-Mail-Adresse).
Darüber hinaus scheint die Einverständniserklärung untauglich. Unter Berücksichtigung des BGH-Urteils vom 10.02.2011 (I ZR 164/09) und der Anforderungen in § 13 Abs.2 TMG und § 28 Abs.3a Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) an eine wirksame Einwilligung des Betroffenen in die Nutzung und Übermittlung seiner Daten zu werblichen Zwecken ist die hier geübte Praxis sehr problematisch. Es ist davon auszugehen das hier keine wirksame Einwilligung eingeholt wird. Das ist insbesondere problematisch da hier auch besonderen Arten personenbezogener Daten (§ 3 Abs. 9 BDSG, z.B. politische Meinungen) erhoben werden.
Die technisch organisatorischen Maßnahmen scheinen mir absolut ungenügend zu sein um hier auch nur einen minimalen Schutz dieser Daten zu entfalten (s. Anlage zu § 9 BDSG und § 11 BDSG zur Auftragsdatenverarbeitung).
Darüber hinaus wird den Transparenzanforderungen nach TMG nicht nachgekommen:
* Nach § 13 Abs. 1 S. 1 TMG hat ein Diensteanbieter den Nutzer zu Beginn des Nutzungsvorgangs über Art, Umfang und Zwecke der Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten sowie über die Verarbeitung in Staaten außerhalb des EU/EWR-Raumens in allgemein verständlicher Form zu unterrichten.
* Es besteht die Pflicht zur Unterrichtung sofern Cookies zur Reidentifizierung von Nutzenden nach § 13 Abs. 1 S. 2 TMG gesetzt werden.
* Es besteht die Pflicht zum Hinweis auf das bestehende Widerrufsrecht bei Einwilligungen zur Datenverarbeitung von personenbezogenen Daten.
* Es besteht die Hinweispflicht im Fall von Profilbildungen nach § 15 Abs. 3 TMG.
* Nach § 13 Abs. 6 S. 2 TMG sind die Nutzenden über die Möglichkeit der Nutzung bzw. der Bezahlung in anonymer bzw. pseudonymer Form zu unterrichten.
* Es besteht das Erfordernis einer bewussten und eindeutigen Einwilligungserteilung nach § 13 Abs. 2 Nr. 1 TMG.
* Gemäß § 13 Abs. 2 Nrn. 3, 4 TMG muss der Nutzende den Einwilligungsinhalt, also die Datenschutzerklärung jederzeit abrufen und seiner Einwilligung zur Verarbeitung von personenbezogenen Daten jederzeit widersprechen können.
* Nach § 13 Abs. 7 TMG besteht die Pflicht zur Auskunfterteilung bei Anfragen zur Person oder zum Pseudonym. Für die Nutzung der erhobenen personenbezogenen Daten über den E-Maildienst GMX gelten ebenso die Anforderungen des § 9, Anlage zu § 9 und § 11 BDSG.
Allerdings scheinen alle Individualseiten für MdB, MdL und Personenwahlkämpfe des CDU Informationssystem HaiClass der Sharkness Media Deutschland genauso problematisch wie das von Ihnen aufgezeigte Telemedium der Frau Mechthild Ross-Luttmann. Ich werde daher darauf einwirken, dass der Dienstleister von sich aus nur noch rechtskonforme Telemedien bereitstellt. Dies dürfte im Interesse aller Beteiligten sein.