Die EU, der EURO und Bundeskanzlerin Merkel
Nun ist also mal wieder ein Rettungspaket beschlossen worden. Diesmal mit dem klangvollen Namen Europäische Finanzstabilisierungsfazilität (EFES), bei der sich wohl ausschließlich nur BWLern erschließt, um was es eigentlich geht.
Die Presse scheint bemüht die Langfassung von EFES zu vermeiden. Insbesondere der Begriff der Fazilität ist dabei von besonderem Interesse und ist eigentlich nur Neusprech für „Kredit“, denn es darf angenommen werden, dass von der ursprünglichen Bedeutung des Wortes im Zusammenhang mit dem Euro nicht viel übrig bleibt:
Eine Fazilität (von lat. facilitas Leichtigkeit) ist die von einer Bank ihren Kunden eingeräumte Möglichkeit, innerhalb festgelegter Grenzen kurzfristig Kredite in Anspruch zu nehmen oder Guthaben anzulegen. Der Begriff wird besonders im Zusammenhang mit Zentralbankfazilitäten gebraucht, die Zentralbanken den Geschäftsbanken einräumen, indem sie für diese Über-Nacht-Liquidität bereitstellen und abbauen.
Tatsächlich erschreckt den aufmerksamen Leser eher die Leichtigkeit. Es ist diese scheinbare Unbekümmertheit und eben Leichtigkeit mit der die Politik ein Milliarden-Paket nach dem anderen schnürt und den Bürger als Bürgen einbindet.
Denn machen wir uns nichts vor, die Last zahlt der Steuerzahler.
Wie konnte es überhaupt dazu kommen?
Die Frage ist berechtigt und wird in der Zukunft sicherlich Ziel von Forschungsarbeit sein. Denn an einer Stell in der nicht so langen Vergangenheit wurde einer der wesentlichen Grundsätze der EU gekippt: Das kein Land die Schulden eines anderen ausgleichen muss oder auch nur darf.
Natürlich war in diesem Fall wie immer alles anders und vor allem Alternativlos.
Es wird aus der Diskussion ausgeklammert, dass wir bei Griechenland wussten, was uns in Europa finanziell erwartet. Es war eine geopolitische Entscheidung, das Land trotzdem auf zu nehmen. Es jetzt auf Biegen und Brechen zu halten ist dann wiederum nicht der EU geschuldet, sondern „den Märkten“.
Denn Kritik an der „Rettung Griechenlands“ wird immer wieder unter Hinweis darauf abgeschmettert, man dürfe die Märkte nicht beunruhigen. Als wäre „der Markt“ ein schlafender Drache.
Und vielleicht ist er das, vielleicht wird „der Markt“ uns alle verbrennen. Aber ist das zwangsläufig schlecht? Vielleicht nein, denn es könnte zu einer Bereinigung der Situation führen.
Denn machen wir uns nichts vor: Die Regierungen sind nicht länger Vertreter des Volks und Begriffe wie „soziale Marktwirtschaft“ sind ein Hohn geworden. Tatsächlich sind Regierungen Wegbereiter des globalisierten und ungezügelten Finanzhandels geworden.
In einer positiven Bewertung hat die Politik nicht begriffen, dass eine geordnete Insolvenz Griechenland als Einziges helfen kann und langfristig helfen wird. Denn Sinn einer Insolvenz bei Unternehmen ist es ja gerade eben den Neuanfang zu gewährleisten.
In einer negativen Bewertung hat die Politik begriffen, dass alle ihre Aktionen einfach weiter Öl in das Feuer gießen. Kein Stabilitätspakt, kein Rettungsschirm wird Griechenland retten.
Was die Politik erkennen muss oder nicht erkennen will ist, dass der Finanzmarkt regeln braucht. Alle Argumente dagegen sind Augenwischerei, denn es gab die Wirtschaft bekanntlich schon vor der Öffnung der Spekulations-Tore. Und es wird sie danach geben.
Die EU ist müde.
Die Bürger der Europäischen Union verstehen den Sinn nicht mehr, den die Union haben sollte. Sie verstehen nicht mehr, was ein gemeinsamer Wirtschaftsraum für Vorteile bringen soll, denn alles was die Nachrichten in den letzten Tagen und Wochen bestimmt sind „Katastrophenmeldungen“.
Wenn Europa seine Legitimation behalten will, muss es zu seinen Wurzeln zurück finden.
Dazu würde es schon helfen, einfach mal wieder in den EU-Vertrag zu schauen und Artikel 2 und Artikel 3 zu lesen:
Artikel 2
Die Werte, auf die sich die Union gründet, sind die Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte einschließlich der Rechte der Personen, die Minderheiten angehören. Diese Werte sind allen Mitgliedstaaten in einer Gesellschaft gemeinsam, die sich durch Pluralismus, Nichtdiskriminierung, Toleranz, Gerechtigkeit, Solidarität und die Gleichheit von Frauen und Männern auszeichnet.
Artikel 3
(ex-Artikel 2 EUV)(1) Ziel der Union ist es, den Frieden, ihre Werte und das Wohlergehen ihrer Völker zu fördern.
(2) Die Union bietet ihren Bürgerinnen und Bürgern einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ohne Binnengrenzen, in dem – in Verbindung mit geeigneten Maßnahmen in Bezug auf die Kontrollen an den Außengrenzen, das Asyl, die Einwanderung sowie die Verhütung und Bekämpfung der Kriminalität – der freie Personenverkehr gewährleistet ist.
(3) Die Union errichtet einen Binnenmarkt. Sie wirkt auf die nachhaltige Entwicklung Europas auf der Grundlage eines ausgewogenen Wirtschaftswachstums und von Preisstabilität, eine in hohem Maße wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft, die auf Vollbeschäftigung und sozialen Fortschritt abzielt, sowie ein hohes Maß an Umweltschutz und Verbesserung der Umweltqualität hin. Sie fördert den wissenschaftlichen und technischen Fortschritt.
Sie bekämpft soziale Ausgrenzung und Diskriminierungen und fördert soziale Gerechtigkeit und sozialen Schutz, die Gleichstellung von Frauen und Männern, die Solidarität zwischen den Generationen und den Schutz der Rechte des Kindes.
Sie fördert den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt und die Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten.
Sie wahrt den Reichtum ihrer kulturellen und sprachlichen Vielfalt und sorgt für den Schutz und die Entwicklung des kulturellen Erbes Europas.
Damit ist eigentlich alle gesagt, was die EU ausmacht oder ausmachen sollte.
Im krassen Gegensatz dazu steht jedoch derzeit die Regierung der Bundesrepublik Deutschland. Geführt von einer Bundeskanzlerin Merkel, die ohne jede Kreativität regiert.
Man hat das Gefühl, dass die Demokratie zu Gunsten des „Markt“ abgeschafft worden ist. Denn wenn bei Debatten wie der zur Erweiterung des „Rettungsschirms“ die Kritiker kaum zu Wort kommen, ist der Parlamentarismus in Gefahr.
Es fehlt eine jede Diskussion, die sich sachlich und vor allem mit Sachverstand mit der aktuellen Situation befasst. Es fehlt jede Kreativität, die Probleme der EU im Sinne der EU-Verträge und eben nicht im Sinne des Marktes zu regeln.
Kann man es da den Menschen noch übel nehmen, wenn sie nicht mehr zu Wahlen gehen?
Kaum ein normaler Bürger versteht noch, was die deutsche Bundesregierung eigentlich treibt und was in Europa gerade wirklich passiert. Wer erklärt es ihm?
Und wie kann man einer Politik vertrauen, deren einzige Funktion es zu sein scheint, Gewinne zu privatisieren und Verluste zu sozialisieren?
Der SPD-Mann Steinbrück hat Recht wenn er fordert, dass Risiko und Haftung wieder zueinander finden müssen. Denn warum zum Beispiel wird nicht darüber diskutiert wie die Finanzinstitute in die Haftung genommen werden?
Es erinnert alles stark an die letzte „Finanzkrise“, bei der sich die Verursacher am Steuerbeutel bedienen konnten (Bankenrettung), weil sie doch „Systemrelevant“ gewesen wären. Und kurz darauf fuhren genau die geretteten Banken wieder Milliardengewinne ein – die dann jedoch eben nicht an den Steuerzahler zurück flossen.
Europa ist am Ende.
Es ist bedauerlich fest zu stellen, dass eine Kaste Politiker wie Merkel und die CDU, Westerwelle und die FDP es geschafft haben, Europa an die Wand zu fahren und Deutschland an den Rande seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu treiben.
Es ist eine Schande, dass diese Art der Umverteilung aus dem Staatshaushalt (und damit vom Bürger) hin zu Spekulanten und Banken erfolgt – und diese für Risiken auch noch belohnt werden.
Europa hat nur dann eine Chance, wenn die einzelnen Mitgliedsländer sich wieder auf den EUV besinnen.
Und das fängt damit an, dass sich die Bundesregierung wieder an das Prinzip der sozialen Marktwirtschaft erinnert, deren Ziel die Mehrung der Allgemeinwohlfahrt gewesen ist.