Piratenpartei fordert lückenlose Aufklärung des Übergriffs auf die Parteiinfrastruktur durch das BKA
Freitag der 20.05.2011 war ein schwarzer Tag für die Piratenpartei. Um 9:15 Uhr wurde die komplette Kommunikationsinfrastruktur der Piratenpartei Deutschland einfach abgeschaltet – die Partei war so gut
wie gelähmt. Alle bundesweiten Mailinglisten – abgeschaltet. Das Forum – abgeschaltet. Die Instant-Messaging-Kommunikation – abgeschaltet. Das Wiki – abgeschaltet. Der Online-Textverarbeitungsdienst – abgeschaltet.
Auslöser war die bloße Ankündigung eines Rechtshilfeersuchens der französischen Ermittlungsbehörden. Ohne dass ein solches überhaupt vorlag, hat die Staatsanwaltschaft Darmstadt einen
Durchsuchungsbeschluss erwirkt und das Bundeskriminalamt mit der Durchsetzung beauftragt, einen Server der Piratenpartei sowie eine "unbekannte Menge Festplatten unbekannter Größe" zu beschlagnahmen.
Weder gab es Gespräche mit der Piratenpartei als Diensteanbieter, noch gab es Sachzwänge sämtliche Server vom Netz zu nehmen um eine Untersuchung vorzunehmen.
Die Ermittlung richtete sich dabei auch nicht gegen die Piratenpartei Deutschland, sondern gegen unbekannte Dritte. Diese sollen vier Wochen zuvor einen "Angriff" auf eine französische Webseite durchgeführt haben.
Dabei soll es sich um massenhafte Anfragen auf die Internetpräsenz gehandelt haben, so dass die Selbstdarstellung des Konzerns im Internet durch die Überlastung vorübergehend nicht mehr möglich gewesen sein
soll. Zur Planung dieser Aktion soll der frei zugänglichen Dienst "PiratenPad" der Piratenpartei Deutschland genutzt worden sein. Über diesen Dienst können Internetnutzer an gemeinsamen Texten arbeiten. Laut
dem Durchsuchungsbeschluss erhoffte sich die Staatsanwaltschaft von den Daten weitergehende Erkenntnisse zur Identifizierung der Organisatoren.
Im Impressum des Dienstes "PiratenPad" ist neben der Anschrift der Partei auch ein Datenschutzhinweis zu lesen, laut dem die Adressen der Nutzer nur anonymisiert gespeichert werden. Unter diesen Umständen
verwundert es umso mehr, dass der Durchsuchungsbeschluss vom Amtsgericht Darmstadt ausgestellt wurde, da man sich bei entsprechendem Fachwissen keine neuen Erkenntnisse erhoffen konnte.
Vor diesem Hintergrund ist es nach rechtsstaatlichen Gesichtspunkten unabdingbar, dass ein Untersuchungsausschuss des hessischen Landtags folgende Fragen klärt:
Warum wurde die Staatsanwaltschaft ohne vorliegendes Rechtshilfeersuchen tätig?
Warum wurde die Piratenpartei Deutschland zuvor nicht um Mithilfe bei der Aufklärung des Sachverhalts gebeten?
Nach welchen Spuren im Zusammenhang mit der Straftat wurde gesucht?
Warum wurden trotz der richterlichen Beschränkung neben dem "PiratenPad"-Server weitere Server abgeschaltet, die mit dem Sachverhalt nichts zu tun hatten?
Welche Daten wurden bei der Beschlagnahme von den Behörden kopiert?
Wurden Veränderungen an den Servern vorgenommen?
Welche Maßnahmen werden unternommen, damit in Zukunft solche Übergriffe auf Parteien unterbunden werden?
So verständlich der Wunsch nach Beweissicherung nach einer Straftat seitens der Behörden auch immer ist, rechtfertigt dies nicht die Außerkraftsetzung der Kommunikationsstrukturen einer Partei. Die
vorgebrachten Gründe und der Umfang der Beschlagnahme hätten schon bei Firmen oder Privatpersonen jeglichen Rahmen der Verhältnismäßigkeit gesprengt, sind aber für eine Partei, die gemäß Ihrer expliziten
Verankerung in der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und durch Art. 21 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland eine besondere Stellung besitzt, um so unentschuldbarer!