Israel erinnerte an die Opfer des Holocaust
Fast 65 Jahre nach Kriegsende hat Israel der Opfer des Holocaust gedacht. Indes macht der erbärmliche Zustand der 80.000 noch lebenden Zeitzeugen Schlagzeilen.
Mit zwei Schweigeminuten hat Israel am Holocaust-Gedenktag der sechs Millionen während der NS-Zeit ermordeten Juden gedacht. Am Montag um 10.00 Uhr Ortszeit heulten landesweit die Sirenen, der Verkehr kam zum Erliegen. Autofahrer verließen ihre Fahrzeuge, auf den Straßen und bei der Arbeit verharrten Menschen in stiller Andacht.
Bereits am Sonntagabend entzündeten sechs achtzigjährige Holocaust-Überlebenden auf dem "Platz des Aufstandes im Warschauer Ghetto" in Jad Vaschem im Beisein der Staatsspitze sechs Fackeln. Die symbolisierten die sechs Millionen ermordeten Juden in der Nazizeit. Auf einer Leinwand wurden Filmaufnahmen gezeigt von Überlebenden, die in wenigen und einprägsamen Worten ihr Schicksal erzählten. Einer von ihnen berichtete, wie er unter tausenden Toten seinen kurz zuvor erschossenen Vater entdeckte, mit einem Zettel in der geschlossenen Faust. "Sagt meinem Sohn, falls er lebt, dass er meinen Tod rächen soll", stand da auf Jiddisch, dem fast ausgestorbenen Mittelhochdeutsch der europäischen Juden. "Ich habe die Nazis besiegt. Dies ist meine erfolgreiche Rache", sagte der Holocaust-Überlebende, der umgeben von Kindern, Enkeln und Urenkeln in dem Film zu sehen war. Ein anderer Überlebender stellt seinen Enkel in israelischer Soldatenuniform vor: "Niemals wieder wird sich das jüdische Volk wehrlos abschlachten lassen."
In Israel macht indes der erbärmliche Zustand der 80.000 noch lebenden Zeitzeugen Schlagzeilen. In Haifa strengt der Anwalt einer 90 Jahre alten Überlebenden eine Sammelklage gegen die halbstaatliche Krankenkasse Kupat Cholim an. Seit 1967 habe Deutschland Millionenbeträge nach Israel überwiesen, um Medikamente für die gesundheitlich angeschlagenen ehemaligen Häftlinge in Konzentrations- und Vernichtungslagern zu subventionieren. Doch die Krankenkasse habe die Gelder einbehalten und die Patienten gezwungen, ihre Behandlung aus eigener Tasche zu bezahlen.
von Ulrich W. Sahm aus Jerusalem für n-tv