Belangloses Geschwätz (3): ein sinkendes Boot im verschmutzten Gewand
Image by Getty Images via Daylife
Dies ist der dritte Anlauf meiner Bemühungen zu erklären, was und wie der heilige Vater so im einzelnen meint. Mit diesem Anspruch bin ich angetreten; daran werde ich mich messen lassen müssen. Zunächst musste es aber darum gehen, alte Missverständnisse zwischen einem Kardinal und seinem Vikar auszuräumen. Eine uralte Geschichte, noch aus des heutigen Heiligen Vaters kurzer Münchner Zeit. Schwamm drüber …
Schon 1981 rief der Vatikan den Joseph Kardinal Ratzinger zu sich nach Rom. Die brauchten da gerade einen Präfekten der Glaubenskongregation. Präfekt bedeutet hier soviel wie Chef, und die Glaubenskongregation ist sozusagen die Nachfolgeinstitution der „Heiligen Inquisition“:
„Die Kongregation für die Glaubenslehre (lat.: Congregatio pro doctrina fidei) ist eine von Papst Paul III. mit der Apostolischen Konstitution „Licet ab initio“ vom 21. Juli 1542 als Congregatio Romanae et universalis Inquisitionis (dt. Kongregation der römischen und allgemeinen Inquisition) gegründete Zentralbehörde der römisch-katholischen Kirche, deren Aufgabe der Schutz der Kirche vor Häresien, also abweichenden Glaubensvorstellungen, ist.“ (Wikipedia)
Dieser Aufgabe hatte sich Prof. Dr. Ratzinger gern gestellt, und auf diesem Posten ist er alt geworden. Um genau zu sein: 78 Jahre alt. Und auch jetzt ging es immer noch nicht in Rente, sondern rauf auf die Karriereleiter. Wir wurden Papst! Dieses Wunder trug sich zu am 19. April 2005. Zugegeben: als Papst ist es freilich um weitere Aufstiegschancen schlecht bestellt; aber egal: wir sind Papst.
Erinnern Sie sich noch? Haben Sie sich auch so gefreut? Nicht allein über die Schlagzeile vorne auf der Bildzeitung, sondern auch überhaupt: für uns Deutsche, aber auch für den Ratzinger Joseph. Das war doch schön für den Mann, so drei Tage nach seinem 78. Geburtstag, drei Wochen nach Ostern, dem Fest der Auferstehung.
Wohlbemerkt: der Auferstehung unseres Herrn Jesu, nicht etwa der des damaligen Papstes aus Polen. Bei dem war wirklich nichts mehr zu machen, schon gar nicht mehr Ostern 2005. Man hatte den Todkranken hin und wieder noch mal vor ein Fenster getragen, die ganz Frommen heulten sich die Augen aus, und der, der in den Jahren zuvor ohnehin schon das Sagen hatte, weil dieser ganz, ganz liebe Mann aus Polen schon seit langem nicht mehr in der Lage war, die Kirche unseres Herrn auch nur ansatzweise zu führen, sprach Klartext.
Am 27. März 2005, also dem Ostersonntag hielt Joseph Kardinal Ratzinger auf dem Petersplatz die Osterpredigt. Lasset uns beten! Sprechen wir dem damaligen Chefinquisitor und De-facto-Papst seine Bitten an Gott, unseren Herrn, einfach nach:
„Herr! Oft erscheint uns die Kirche wie ein sinkendes Boot, das schon voll Wasser gelaufen und ganz und gar leck ist.“
Das ist ein Ding, was? Das hat Ratzinger 2005 gesagt – kurz vor Beginn seines Pontifikats. Und das auch:
„Das verschmutzte Gewand und Gesicht Deiner Kirche erschüttert uns. Aber wir selber sind es doch, die sie verschmutzen. Wir selber verraten Dich immer wieder.“
Und? Haben Sie schön mitgebetet? Oder haben Sie sich etwa gefragt: wer ist eigentlich „wir“? Und: wie machen „wir“ das eigentlich, dieses Verschmutzen und Verraten?
Wie auch immer. Ratzinger konnte auf jeden Fall den lieben Gott nur noch bitten:
„Erbarme Dich Deiner Kirche!“
Ach so, um auf Ihre Fragen zurückzukommen: wie so oft, so auch in der Osterpredigt 2005. Ratzinger wusste, was er da sagt, und er wusste ganz genau, worüber er spricht. Niemand anders auf Gottes Welt war auch nur im entferntesten so gut über den Verschmutzungsgrad des Kirchengewandes und Kirchengesichtes informiert wie der spätere Papst aus Deutschland. Dabei waren viele schon ziemlich gut informiert, und alle hätten es sich denken können, wenn sie nur gewollt hätten. Hätten, denken, können … – Joseph Ratzinger wusste alles.
Warum und woher er dies alles wissen konnte, der Stellvertreter Gottes auf Erden, und was er mit diesem Wissen angefangen hat, erfahren Sie morgen – im vierten Teil.