Duisburger Ostermarsch 2010: Das Jubiläum der Altgestrigen
„Es ist alles in Ordung,“ ruft Wojna von der Bandbreite den vorbeischlendernden Passanten zu und baut Sätze in denen „Konsum“, „Kritik“, „eigene Meinung“ vorkommen bevor er das kleine Häuflein der etwa 50 Personen mit einem Song namens „Kein Sex mit Nazis“ aufmuntert. Die Ewiggestrigen, die sich an diesem Tag an der Bühne beim Kuhtor in Duisburg versammelt haben, goutieren es mehr oder weniger belustigt. Schließlich hat die Bandbreite für die technische Ausrüstung gesorgt, man wird sie wohl tolerieren müssen auch wenn man nicht unbedingt den Musikgeschmack der Jungen teilt.
Diese sind allerdings, wie ein Blick in die Menge beweist an diesem grauen Duisburger Morgen, eh spärlich gesät. Die Meisten, die heute den 50. Ostermarsch feiern, könnten gut und gerne beim Ersten mitmarschiert sein. Auch die Meinung über die Welt an sich haben sie in diese Gegenwart gerettet und klammern sich daran als wären sie Schiffbrüchige auf hoher See. Die rettende Insel ist an diesem Morgen ist die Bühne, sind die Stände an denen die Parteien, von denen die meisten im aktuellen Verfassungsschutzbericht unter dem Stichwort „Linksextremismus“ zu finden sind, wie fanatische Zeugen Jehovas versuchen beim Samstags-Passanten Land zu gewinnen.
Viel ist auch die Rede davon, dass man ja wie es Kant definierte seinen eigenen Verstand gebrauchen müsse um aufgeklärt zu sein. Dass man Dinge hinterfragen sollte, das eigene Weltbild, dass natürlich (so wird einfach vorausgesetzt) aus dem Fernsehen gewonnen wird, gespeist von den Mainstreammedien wie Spiegel und Konzernen wie Bertelsmann. Sicherlich kann man gegen die Konzentration im Medienbereich manch kritisches Wort verlieren. Doch man kann nicht Kant für sich in Anspruch nehmen ohne gleichzeitig ebenfalls Teil dessen zu sein, was der kritische Verstand zu untersuchen hat. Gerade das aber klammern diejenigen vor Ort aus. Man hinterfragt das eigene Weltbild nicht mehr, man verteidigt es aufgeregt gegen die böse konzerngesteuerte Welt, den bösen Kapitalismus. Ironischerweise beansprucht man ein Wort Christi für sich: „Wer nicht für uns ist, ist gegen uns.“ Dies ist die Tragik derer, die an diesem Morgen hier versammelt sind – man hat sich sein eigenes Weltbild gebaut und wenn Kritik daran geübt wird wird man gegebenenfalls vor die Tür gesetzt. Das Friedensforum Duisburg, das bekanntermaßen den Thesen des LINKEN Hermann Dierkes Raum gibt, hat ja darin zusammen mit der LINKEN vor Ort Übung.
Dabei kann man doch gar nicht gegen den Frieden an sich sein. Frieden, das ist eine tolle Sache und Krieg ist natürlich in jedweder Form zu verurteilen. Dass man an diesem Tag nichts darüber erfährt wie genau sich die Redner auf der Bühne nun positionieren darf man auch nicht gerade erwarten, Zeit für ruhige Debatten kommt ein anderes Mal. Ob man allerdings seine Ziele damit erreicht potentiell Interessierte durch laute Beschimpfungen abzuschrecken ist mehr als fraglich. Mit einem handfestem Skandal kommt man allerdings eher in die Medien, die man eigentlich verachtet. Ironisch? Aber so steht es geschrieben…