Vier Wochen Marxloher Bündnis: Von der Initiative zur Bewegung. Ein erstes Fazit und ein weiterer Aufruf.
Die Entwicklung des Marxloher Bündnis’ ist als geradezu atemberaubend zu bezeichnen. Was sich in diesen vier Wochen über eine sehr schnelle Findungsphase zu einem ganz breiten Konsens von konservativ – im besten Sinne – bis hin zu linken Aktivisten zusammengefunden hat, ist ausnehmend erfreulich. Es scheint uns allen wirklich gelungen zu sein, uns auf dieses eine gemeinsame Ziel zu verständigen: Zu verhindern, dass dieser menschenverachtende Ungeist ungestört in Marxloh verbreitet werden kann. Damit wird auch ein Zeichen gesetzt: So nicht – zumindest nicht mit uns. Hier herrscht ein anderer Geist, der sich wehrhafte Toleranz nennt. Das zeigt aber auch, dass alle Beteiligten den Ernst der Lage erfasst haben. Es wird deutlich: Die Zivilgesellschaft hat erkannt, dass man gegen diese wachsende Bedrohung nur gemeinsam agieren kann. Die Schweigende Mehrheit fängt an zu sprechen.
In der Zwischenzeit läuft eine breite Mobilisierung, die alle gesellschaftlichen Gruppen erreichen soll. Wir haben uns von Anfang an darauf geeinigt, dass unser Protest bunt, kreativ, vielfältig, aber entschlossen sein sollte. Und das ist wohl rüber gekommen.
Denn wir streben einen Brückenschlag von höchst unterschiedlichen politischen Ausrichtungen, kulturellen Identitäten und oft sehr verschiedenen Befindlichkeiten an und haben dennoch eine klare Vision, auf die wir zielorientiert hinarbeiten. Wir lassen uns das friedliche Miteinander nicht kaputt machen.
Dass wir auf dem richtigen Weg sind, zeigt die Tatsache, dass sich täglich neue Gruppen und Einzelpersonen solidarisch erklären und mitmachen. Und dass sich jetzt ganz Duisburg und auch schon die ersten umliegenden Städte dieser Bewegung anschließen. Auch das Beispiel Köln und jetzt aktuell Dresden weisen uns den Weg. In Köln wurde der Aufmarsch durch Entschlossenheit und Masse verhindert. Es war eben einfach kein Platz mehr da. Für Dresden weist der Oberbürgermeister von Jena* darauf hin, dass es nur durch den breiten Konsens, bis hin zu den Autonomen, gelingen konnte, Gewalt zu verhindern. Gewalt ist eine Reaktion auf Ohnmacht. Wenn wir alle zusammenstehen sind wir stark und eben nicht ohne Macht.
Wichtig ist für Dresden aber auch, was der Generalsekretär des Zentralrates der Juden in Deutschland formulierte*: Dass nämlich die Menschenketten alleine diesen Erfolg nicht bewirkt hätten, sondern die Aktionen von zivilem Ungehorsam in Form von Massenblockaden entscheidend gewesen sind. Und nicht wenige haben es jetzt hinterher bedauert, das Bündnis nicht mit unterstützt zu haben.
Uns ist es aber neben diesem Aktionsbündnis sehr wichtig, über diesen gemeinsamen Prozess unser Bewusstsein wieder zu schärfen, um dieses menschenverachtende Gedankengut zurückzudrängen. Bewusst Sein heißt bewusst leben d.h. sich klar machen, was eigentlich tatsächlich läuft, wie die Realität aussieht. Je mehr wir uns mit dem Thema beschäftigen, desto erschrockener sind wir, wie weit es schon wieder gekommen ist und wie verbreitet die Angst ist. Und wie viele schlimme und menschenfeindliche Vorstellungen schon wieder „ganz normal“ geworden sind. Damit wird dem rassistischen Gedankengut der Boden bereitet.
Deshalb haben wir von Anfang an darauf gesetzt, einen breiten Diskussionsprozess durchzuführen. Dazu haben wir vier Veranstaltungen mit kompetenten Referenten organisiert. Themen sind:
Pro-NRW: Antimuslimischer Rassismus als rechtes Wahlkampfticket
Am 22.2. um 19 Uhr Kreuzeskirche
Alexander Häusler Düsseldorf
Ziviler Ungehorsam Am 4.3. um 19 Uhr Kreuzeskirche
Oberkirchenrat a.D. Peter Zimmermann, Erfurt
Das Beispiel Köln Am 8.3. um 18 Uhr im Pfarrsaal St. Peter Sandstr. 46
Pfarrer Meurer aus Köln
Das Schweizer Minarettverbot Am 17.3. um 18 Uhr im Hotel Montan Dahlstr. 1
Karin Hinz und Martin Ditsch
Die goldene Regel unserer Kultur heißt:
‚Was Du nicht willst das man Dir tu, das füg auch keinem anderen zu’.
Auf sie gründen sich auch die allgemeinen Menschenrechte. Und deshalb steht im Grundgesetz und in der UN-Charta das Recht auf Religionsfreiheit.
Die unglaublichen Aufrufe der Rechtsextremen schieben das religiöse Thema vor. ‚Abendland in Christenhand’ und ‚Niemals deutsches Land in Moslem-Hand’. Sie fordern eigentlich zur Vertreibung von Menschen auf. Wohin dieses Gedankengut führt, haben wir mit traumatischen Folgen erlebt. Dieses Unrecht dulden wir nicht. Und deshalb geht es uns alle an und ganz Marxloh, ganz Duisburg und ganz NRW …
Deshalb sind viele erschüttert, dass uns unsere Gesetze nicht vor solchem Ungemach schützen. Das Rechtsempfinden ist gestört. Warum kann die Justiz solche Umtriebe nicht verbieten? Nationalsozialistische Symbole und Volksverhetzung sind auch verboten. Das hohe und schützenswerte Gut der Versammlungs- und Pressefreiheit darf es aber nicht erlauben, dass Menschenrechte mit Füßen getreten werden und rassistische Parolen verbreitet werden. Das wollen wir nicht zulassen.
Das jetzt in Marxloh entstandene Bündnis, das bereits zu einem Duisburger Bündnis wird, zeigt, welche Kraft im zivilgesellschaftlichen Konsens steckt.
Wenn wir es alle zusammen schaffen, jeder und jede mit Beiträgen nach den eigenen Möglichkeiten und Fähigkeiten, der angeblich schweigenden Mehrheit am 27. und 28.3. eine Stimme zu geben, können wir die ‚bösen Geister’ heraushalten.
Die 2. Halbzeit braucht noch mehr Unterstützung – dann schaffen wir das!!!