Kommentar: Wahlkampfendspurt
Wer gestern durch die Duisburger City wandelte bekam gleich drei Veranstaltungen auf einmal geboten. STADT statt Stube, Bauernmarkt und die letzten Versuche der Parteien noch unschlüssige Wähler für sich zu gewinnen. Wer genauer hinsehen konnte ahnte auch, welche Partei denn jetzt den größten Etat von allen hatte. Dixieband, Rosen, große Bühne: Ein Rahmen in dem sich OB Sauerland am Wohlsten fühlt. Nämlich fern und abgehoben von den Bürgern.
Wenn man allgemein ein Wahlkampffazit ziehen möchte, so stellt man fest, dassman in Duisburg noch sehr zivilisiert ist. Eine Wahlveranstaltung der CDU wird nicht durch raudyhaftes Benehmen von anderen Parteien gestört. Allenfalls einige Wahlplakate fielen Vandalen zum Opfer. Man könnte den Wahlkampf auch langweilig nennen, wenn es da nicht die OB-Kandidaten-Runden gegeben hätte. Ein durchaus aufschlussreiches Bild konnte man sich als Bürger dort von den kleineren Parteien machen, dank des Wegfallens der 5%-Hürde wird der Rat demnächst wohl ein sehr viel bunteres Bild abgeben. Allerdings, so realistisch sollte man sein: Gegen die großen Parteien werden die kleinen nicht das Zünglein an der Waage spielen können.
Überhaupt ist Duisburg diesmal etwas Besonderes, denn so viele OB-Kandidaten und -Kandidatinnen hat keine andere Stadt aufzuweisen. Man kann nur spekulieren was die Gründe anbelangt. Für die größeren der Kleineren ist es sicherlich die Tatsache, dass man sich politisch Gehör verschafft wichtig. Vielleicht hofft man auch vom Aufsteigen der Piratenpartei – die einzige Partei übrigens, die keinen OB-Kandidaten aufgestellt hat und wohl auch nicht in Duisburg wählbar ist – einen positiven Effekt und möchte auf deren Erfolgswelle mitschwimmen. Fest steht jedenfalls: Einfallsreich und spannend war der Wahlkampf in dieser Hinsicht nicht. Innovation, was man von den kleineren Parteien eventuell erwartet, war nicht zu sehen. Teilweise hatten die Kandidaten nicht einmal eine eigene Homepage.
Überhaupt: Das Internet spielte trotz Obama so gut wie keine Rolle in diesem Wahlkampf. Deutschland scheint noch nicht so weit zu sein. Zwar twittern sowohl Sauerland als auch Brandt, bei Brandt ist das aber nur die Zweitverwertung des Blogfeeds. Persönliche Details oder direkte Ansprache per Twitter: Fehlanzeige. Das macht das PR-Team des OBs ein wenig besser. Doch seien wir ehrlich: Richtig interessant ist das, was der Sauerland-Account bei Twitter produziert nun nicht. Immerhin wird auch auf Kommentare geantwortet. Zudem: Sauerland startete recht spät im Wahlkampf mit Twitter und vertraute darauf, dass sich das Angebot wohl schon irgendwie rumspricht. Auf den Schweinegrippen-Fauxpas muss man wohl nicht hinweisen, eindeutig wurde hier gezeigt, dass Twitter für Sauerland auch nichts weiter ist als jeder andere Kanal auch.
Spannend wäre es zweifellos gewesen hätte Sauerland auch an allen Terminen teilgenommen bei denen er angekündigt war. Seltsamerweise scheint der OB viel Zeit zu haben wenn es um Spatenstiche, Kegelvereine und Kaninchenzüchter geht – die große politische Auseinandersetzung aber scheint nicht sein Fall zu sein. Nun ja, wenn man gelangweilt dreinblickt, sich auf die Fingernägel schaut anstatt der Diskussion zu folgen oder einfach nur versucht halbwegs zu lächeln ist das auch durchaus besser. Bürgernähe wollte Sauerland in diesem Wahlkampf demonstrieren – gemacht hats Brandt, der in jedem Bezirk anwesend war und sich die Sorgen und Nöte der Bürger anhörte. Man kann natürlich wie Sauerland abwarten, dass die Bürger zu einem kommen, aber das funktioniert nicht unbedingt.
Alles in allem: Wenn heute um 18:00 Uhr die ersten Prognosen bekanntgegeben werden, werden wir sehen ob und was die Anstrengungen der Wahlkämpfer bewirkt haben. Abgerechnet wird bekanntlich zum Schluss und nichts ist schwieriger vorherzusagen als die Zukunft.